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Erinnerungen - Ein friedlicher Ort


Klock!

Der Hammer trifft das Holz sauber und das nächste Kreuz ist an seinem Platz. Ohne Namen, ohne Erinnerung und ohne jemanden der es beachten würde. Jetzt im Sommer ist es ein leichtes die Erde aufzugraben, die Reste eines Lebens hin einzubetten und wieder zu zuschaufeln.

Klock!

Diesmal ein sehr kleines Kreuz, mit Namen zwar aber auch ohne Erinnerung. Die Seuche macht keinen Unterschied ob alt oder jung. Und die Menschen hier sind ebenfalls nicht frei von Schuld. Aus diesem Grab haben wir neben den kleinen Knochen auch das Spielzeug geborgen und nun lege ich es an das kleine Grabmal. Mittlerweile ist mir klar, dass hier und auch überall woanders nur noch die jüngsten ohne Sünde und ohne Schuld sind.

Klock!

Ein kaputtes Kreuz, leicht am Rande des kleinen Friedensackers - ein Sünder gerichtet durch einen weiteren. Wie so oft hier. Das Kreuz ist gerade einmal 2 Jahre alt, aber niemand hat sich die Mühe gemacht an diesem halt zu machen. Weder zur Pflege noch zur Andacht. Die Farbe blättert ab und das Holz ist morsch und kaputt. Der Hammer macht es nicht besser und so bekommt das Kreuz einen weiteren Riss, ähnlich wie der Mensch der hier einst in Crawler City sein Leben lies. Die verwitterten Buchstaben zeugen vom Namen - Lutz von Bülow, der erste Tote in unserer friedlichen Demokratie.

Klock!

Der nächste und ich blicke hinter mich und sehe eine ganze Menge an ähnlichen Kreuzen, recht frisch aus dem letzten Jahr. Sie gehören alle zusammen, denn das bayerische Freikorps hatte im letzen Sommer herbe Verluste zu verzeichnen bis hin zur Aufgabe der Kolonie. Jene die überlebt haben sind entweder geflüchtet oder aber haben sich hier als Koloniebewohner integriert. Aber alle die es nicht geschafft haben liegen nun hier und ich darf sie erneut in die Erde bringen. Die meisten bleiben namenlos, Erinnerungen an Gesichter blitzen vor meinem inneren Auge auf, aber mehr ist da nicht. Aber das Freikorps wird wiederkommen, das liegt hier schon seit Monaten in der Luft.

Klock!

Ein besonders kräftiges Exemplar ist an seinem Platz. Die Asche ist nach wie vor fest in der Feldflasche verschlossen die nun als Urne dient. Ich glaube Dima hätte das Gefallen, er kam schließlich vom Militär. Der rote Draht, der ihm einst so wichtig war ist um die Urne geschlungen und jetzt mit der Umbettung des gesamten Friedhofes kann ich auch seine Asche in die Erde bringen. Wir haben nie herausbekommen wer oder was ihm das Leben gekostet hatte, aber bei der Masse an alten Rechnungen, die er aus der Zeit mit Dirt herumschleppte musste es irgendwann so kommen. Den offenen Kampf scheute er nie, daher musste es wohl Gift sein der ihn vom irdischen Dasein befreite und zurück zu seinen alten Kameraden brachte. Sein Kompanion im Handelsposten ist nicht sehr lange danach mit seinem flottgemachten LKW abgedampft. War vielleicht ganz gut so, wer weiß wann es ihn getroffen hätte.

Klock!

Wieder jemand ohne Namen, aber ich kann mich noch erinnern das das hier ein Nomade war. Hatte ein Kreuz um den Hals das viel mir damals auf. Er kam nicht weit, denn als er hier mit der Kolonie in Berührung kam erwischte die Seuche ihn. Kein Geld - kein Pulnomen und damit der sichere Tod, sobald man das Virus in sich trug. Immerhin geht es schnell, schneller jedenfalls, als wenn er immun gewesen und in die Fänge der Saviors oder Paltrys geraten wäre. Ein guter Nomad sollte einen großen Bogen um diese Gegend machen, nur leider kann das keiner wissen denn alle die hier durchkommen müssen bleiben oder sterben. Das ist der Preis der Kolonie, man bleibt und der einzige sichere Weg hier raus führt über diesen Friedhof.

Ich drücke meinen Rücken durch und sehe mein Tagwerk vor mir. Der Rest kommt morgen dran, die Kreuze werden mit der Zeit nicht weniger und die Verlegung des Friedhofs war aller höchste Zeit. Manchmal komme ich mir eher wie ein Hüter der Toten vor, nicht wie jemand der für die Menschen hier da ist. Aber ich sehe einen Großteil der Leute hier jetzt als die Monster die sie sind - nur weiß ich noch nicht was ich mit dieser Erkenntnis anfange. Die Hoffnung stirbt noch nicht denn mein Dienst hier führt vielleicht einige auf einen besseren Pfad als jenen die sie zurzeit beschreiten. Und mit den Toten kann ich gut anfangen, denn diese sind nun am Ende ihres Daseins und wer weiß, vielleicht hat der Herr den einen oder anderen zu sich genommen.

Ich drehe mich schließlich um, humpele zurück zum Krankenhaus.
Zurück in die Welt der Lebenden, der Welt der Monster.

So wie auch ich eines bin.