MJay
Orga
On 18.01.2022 at 17:21
Es ist kalt. Sein Hintern tut weh und irgendwie fühlt sich die Strecke zwischen Oldenburg und der Crawler City jedes Mal länger an. Die anderen Jungs sind um diese Jahreszeit genauso müde wie alle Geschäfte, die zu erledigen sind. Er ist bestimmt schon fünf Stunden unterwegs... früher hätte man diese Strecke wohl in drei, vielleicht dreieinhalb Stunden bewältigen können. Auch wenn die meisten stehenden Autos nicht mehr mitten auf der Straße verweilen, sondern am Straßenrand, verwachsen von Unkraut und kleinen Bäumen vor sich hin rosten und gammeln, dauert die Fahrt doch um einiges länger als früher. Löcher in den Straßen, Tiere und alles was einem die Fahrt erschweren kann, fordern ihre Zeit.
Natürlich muss man immer wachsam sein, denn in letzter Zeit gibt es wieder vermehrte Aktivitäten von Banditengruppen und sonstigem Ungeziefer, aber im Allgemeinen ist viel Ruhe eingekehrt.
Mjay dachte sich die letzten Jahre bereits, dass im Sommer mehr geschossen wird als im Winter. Allerdings ist die Ruhe von damals nicht mehr zu finden. Man findet zwar mehr Ruhe, wenn man nichts hören will und mehr Ruhe vor Menschen. Die Ruhe und Sicherheit irgendwo zu sitzen, ohne dass man das Gefühl hat eine Kugel einzufangen, die ist allerdings mit all den armen Seelen gestorben.
Der Wind und die kleinen Flocken stechen wie Nadeln an jeder freien Stelle Haut in seinem Gesicht.
Es ist unangenehm und er muss an Richi denken, welcher vermutlich wieder in seinem Pathfinder die Heizung an hat und seinem Arsch die Sitzheizung gönnt, welche er auch sicherlich verdient hat.
Richi hat sich verändert, seit er mit ihm und Tex in der Crawler City agiert.
Er ist nicht mehr Richard. Nein, Richard ist in der Zeit um Oktober einen schnellen Tod gestorben. Immer öfter erzählt Richi von Streit mit seiner Frau. Zwei Alphatiere sind eines zu viel. Allerdings müssen Richi noch zwei weitere Hoden wachsen, bevor er es mit seiner Frau aufnehmen kann. Früher war Richi sehr hörig, wenn seine Frau eine Meinung hatte. Mittlerweile reiben sie sehr oft aneinander, aber nicht im positiven Sinne. Mjay schmunzelte, als er daran dachte wie sauer Richis Frau war als sie die kleinen Fetzten davon mitbekam was sich in der Crawler zugetragen hatte. Richis Abenteuer... es könnte ein kleiner Roman werden oder einen Kurzfilm auf Pornhub. Fake Taxi...
Mjay lachte laut, bis ihm auffiel, dass er alleine war. Irgendwie war ihm das immer noch nicht egal. Die Zeiten in denen man komisch angeschaut wurde wenn man einfach mal los lachte waren zwar vorbei, doch irgendwie fühlt es sich noch immer komisch an alleine laut zu lachen. Er dachte an den Film Cast Away mit Tom Hanks. Vielleicht sollte er sich ein Gesicht auf sein Bike malen, dann ist es auch nicht mehr komisch Selbstgespräche zu führen oder alleine vor sich hin zu lachen.
Richi war trotzdem noch ein guter Mensch, ja nicht so gut wie Richard, aber immer noch besser als die meisten die er kannte. Knapp drei Jahre, seit er ihn das erste Mal sah. In diesen Zeiten sind 3 Jahre mehr als 10 vor dem Virus. Man hat durch und wegen der Veränderung einfach zu viele Menschen verloren, da ist so eine Konstante schon viel wert. Das war es auch, was er am MC so liebte. Sicherheit und Konstanz, Regeln und Bruderschaft, das waren nur ein paar Sachen, die er am MC liebte. Richi war schon wesentlich länger im MC als Mjay aber irgendwie sehen sie sich als gleich an. Mittlerweile hat sich Richis Status im Club verändert. Er ist in die obere Liga aufgestiegen. Die Erfolge in der CC haben ihn innerhalb des Clubs einstimmig zum Secretary gemacht. Keine Frage, entspricht das auch seinem Naturell. Es kommt nicht auf Jahre, sondern auf Taten an.
Nicht auf eine bestimmte Zeit, die vergehen muss, sondern auf dein Handeln und deine Loyalität. Loyalität, dachte Mjay, die ist wirklich viel wert. Schon immer musste man sich bei ihm irgendwie beweisen, um seine Loyalität und seinen Respekt zu verdienen.
Tex ist da irgendwie anders, offener irgendwie. Zumindest nach außen. Er kann gut mit Menschen und ist mehr Händler als Mjay es in seiner Zeit in der Crawler City je war. Mjay war stationär, hatte ein kleines Monopol und musste den Ball oft nur im Tor versenken. Die richtige Ware zur richtigen Zeit... Klar hatte er viel für sich und sogar die Crawler erreicht, er wollte sich nicht selber schlecht reden, aber was Tex machte war besser.
Tex war nicht umsonst der Händler in einer Gruppe in der es eigentlich zwei Händler gab. Er war pfiffiger, empathischer und konnte mit Menschen, die er nicht mochte bessere Geschäfte machen als er selbst, dachte er. Wenn jemand Mjay gegenüber trat den er nicht mochte oder einschätzen konnte, hat er ihn das spüren lassen, eigentlich tut er das heute noch.
Tex ist da anders dachte Mjay. Er, im Gegensatz zu mir, hat ein Ziel und da ist ihm das Gegenüber egaler als es das mir je sein konnte, dachte er. Hat schon alles seine Richtigkeit. Mjays Position innerhalb des MC passte ohnehin viel besser zu ihm, als er es sich hätte vorstellen können.
Thor hat das wohl damals schon gesehen, als er ihn Thiago vorschlug. Thiago wusste es wohl auch. MJay vermisste Thor. Er war sein Menthor und sein Bruder, nur leider viel zu kurz. Er hatte ihm alles zu verdanken und versuchte manchmal ein bisschen Thor zu sein. Mjay lachte wieder. Er musste daran denken, dass dieser heroische Thor mit eigentlichem Namen Helmut hieß. Seinen Nachnamen hat er nie erfragt, aber wahrscheinlich etwas das genauso altbacken war. Thor klang da schon viel besser. Er dachte über die Zeiten nach als dieser Hänfling Stress machte und Thor ihn mit einem Bud Spencer Hammer ausnockte. Einfach so in den Boden gestampft.
Mittlerweile war Mjay in seiner Position und gab sein Wissen weiter und entschied über dies und das. Am Ende war er aber immer froh, wenn andere Entscheidungen trugen. Nicht weil er Angst davor hatte, aber so konnte sein Kopf ab und an freier sein.
Mittlerweile verbrachte Mjay viel Zeit mit Putin. Seit seiner Fight Night ist auch bei ihm viel passiert.
Der Titel als Champion hatte ihm viele Lorbeeren gebracht. Mittlerweile sind Mjay und Putin fast eine kleine Einheit geworden. Er mochte ihn wirklich. Mjay kannte seinen Zwillingsbruder, das hatten sie bereits festgestellt. Damals als Händler hatte er das ein oder andere Geschäft mit ihm abgewickelt und einmal sind sie auch aneinandergeraten. Es ging damals um Preise und das Ganze wurde mit Vodka geklärt, daran erinnerte er sich noch. Charakterlich glich er seinem Zwillingsbruder irgendwie. Er ist wirklich jung gestorben, wie so viele. Mjay ist mittlerweile zu alt um jung zu sterben. Wie alt wird man denn jetzt so im Schnitt? Ist aber auch egal, Mjay dachte zu viel über die Toten nach. Die sind tot und bleiben es. Das Jetzt ist wichtiger und da spielen die Toten keine Rolle mehr..... Fortsetzung folgt.
MJay
Orga
On 05.06.2022 at 17:26
Mal wieder startet er sein Bike. Die Tore von Oldenburg öffneten sich und er fuhr hindurch.
„Scheiße!“ dachte er sich, als er gerade durch das Tor fuhr, „sollte ich nicht noch irgendwas mitnehmen?“
Er forderte Putin auf kurz zu warten während er darüber nachdachte. „Nein, den Schmuck für Tiago sollte ich erst im nächsten Monat mitnehmen…“
„Putin! Was habe ich vergessen?!“ fragte er, während er ihm das Handzeichen gab den Motor auszustellen. Putin hatte einen neuen Endtopf auf seinem Bike, welcher so laut war, dass man sich kaum verstehen konnte.
„Wer wollte was von dir? Der Brite? Der Piester? Eine von den Nutten? Oder einer von uns?“
Putin war in letzter Zeit schon gewohnt, dass Mjay ab und an mal was vergaß, allerdings häufte sich das seit geraumer Zeit.
Außer Putin, Richy und Tex war es noch nicht vielen aufgefallen, doch wurde es langsam schwer zu verbergen. Eigentlich hatte Mjay in den letzten Jahren nichts geändert, außer vielleicht ein wenig mehr Alkohol oder das weiße Pulver, doch die Vergesslichkeit könnte sich noch zu einem Problem entwickeln.
Putin war neben seiner Position innerhalb des MCs ein sehr ruhiger Geselle, was Mjay schätze.
Wenn es um den Job ging, musste Mjay ihn manchmal bremsen, aber als Weggefährte wusste Mjay seine Stille wirklich zu schätzen.
„Wenn es dir nicht bald einfällt, musst du es verschieben… wir sollten los um vor der Dunkelheit anzukommen.“ merkte Putin an.
„Irgendwas für Krüger.. oder von Tex für Krüger… oder für das Krankenhaus? Ne, ne ne, konzentrier dich! Das Pulver verdammt! Es war das Pulver welches er von Krüger untersuchen lassen wollte, falls er das hinbekommt.“ fiel es Mjay wieder ein. Er hatte es bereits in seiner Tasche.
„Wir können los, sorry Bruder!“ sagte Mjay zu Putin.
„Hast du was du brauchst?“ fragte Putin.
„Ja alles dabei“ erwiederte Mjay
„Was war denn so wichtig?!“
„Nichts, nichts. Alles ok… lass uns fahren!“
„Wenn das schlimmer wird, müssen wir uns mal unterhalten.. Schwanz drüber“ sagte Putin.
Er konnte Putin noch nichts von dem weißen Gold erzählen, da die Quelle noch nicht vom Club, Tex oder Tiago abgesegnet ist.
Es war nicht üblich für Mjay etwas im Verborgenen zu tun, allerdings war die Quelle mit der er gerade handelte nicht allzu beliebt innerhalb des Clubs oder gar der Crawler City.
Die Tage wurden wieder länger und damit stieg auch die Aktivität jener, welche besser nicht mehr aktiv wären und auch solcher, auf die man sich verlassen konnte.
Eine dieser Typen war der Priester. Mjay glaubte nicht an Gott oder eine Institution die dessen Zeug verbreitete, allerdings war dieser Prediger eine echte Konstante mit einem vermeintlich guten Herz. Obwohl Mjay ihn immer wieder aufzog mit seinen Ministrantenwitzen und allem was dazugehört, war der Priester immer die Ruhe selbst. Mjay nutze seinen kleinen Tempel häufiger dazu ein Nickerchen zu machen, wenn es einen Grund gab dort zu erscheinen, doch das schien den Priester nicht weiter zu stören. Vielleicht versucht er über den langen Atem Mjay von seinem Gott zu überzeugen oder vllt ist er der Einzige in diesem Dorf, der keine niederen Ziele verfolgt.
Wie auch immer… Irgendwie freute sich Mjay mal wieder einen Plausch zu halten mit den CC Bewohnern. Er freute sich sogar auf den ekligen Haferschleim, den Günter und Kathleen für ein paar mikrige Crawler unter die Leute brachten. Sie nennen es liebevoll „Porridge“, aber Haferschleim trifft es eigentlich besser. Er hatte auch Tex, Richy und den Doc seit gefühlten Wochen nicht gesehen. Seit es wärmer wurde gibt es viel zu tun und Tex ist ein sehr fleißiges Bienchen.
Auch freute er sich auf einen heißen Kaffee in der Handelsstation. Er musste auch noch dem Doktor des Krankenhauses danken, welcher ihm die Kugel aus dem Arsch gezogen hatte.
Seit dem „Dosenschießunfall“ sind sie sich nicht mehr über den Weg gelaufen. Außerdem fiel MJay der Name der bezaubernden Krankenschwester nicht mehr ein. Auch wie schön sie gelächelt hat, als sie ihm klar machen musste, dass er die nächsten Wochen wohl besser kein Motorrad fährt.
Der Typ der ihn „versehentlich“ angeschossen hatte, hat MJays Rache zu spüren bekommen.
Auf den muss er noch aufpassen, allerdings wurde er seit dem Vorfall nicht mehr gesehen.
„Immer schön aufpassen und die Augen offen halten!“ dachte sich MJay. Ohnehin müssen wir einen Weg finden, die Leute innerhalb der Crawler City besser zu überprüfen. Das letzte Mal waren schon zu viele neue Gesichter dabei, welche man erst einschätzen muss. Zu viele Verrückte da… ein Sammelbecken an allem was die Welt so übriggelassen hat.
Bestimmt hat in seiner Abwesenheit Richy in MJays Zimmer gefurzt, als Rache dafür, dass MJay diesen Winter vor seine Haustüre in den Schnee gepinkelt hat. „MJay was h…“ mehr hatte er nicht geschafft damals. Er ist auf jeden Fall schon gespannt, was Richy sich hat einfallen lassen, um ihm einen herzlichen Empfang zu bereiten.
„FUCK STOP STOP STOP!“ schrie Putin plötzlich und die beiden legten eine Vollbremsung hin!
Zirka 200 Meter vor ihnen versperrte ein Transporter den Weg. „SHOTGUN UND DANN WEG VOM BIKE!“ drängte MJay.
Er griff seinen Revolver, mehr hatte er auf dieser Fahrt nicht dabei. Vielleicht waren die Jungs zu vorsichtig geworden. 6 Schuss in der Trommel und noch mal 12 verteilt auf zwei Schnellader. Putin hatte zwar die Shotgun und eine Pistole bei sich, das sollte allerdings auf diese Entfernung beides nicht sehr wirksam sein. Sie suchten Deckung hinter der Front eines verlassenen Autos, als bereits die erste Kugel über ihnen hinweg pfiff.
„Ich geh durch den Wald und flankiere sie“ meldete Putin und löste sich bereits von MJay.
„Beim ersten Schuss drücke ich nach vorne, Auto für Auto!“ rief Mjay ihm hinterher.
Ein paar Minuten später war es soweit, MJay hörte den ersten Schuss und sprintete nach vorne.
Wieder ein Schuss! Zwei weitere Autos ließ er hinter sich und konnte bereits zwei Personen erkennen. Vermutlich waren es mehr, aber die konnte er nicht ausmachen.
Mehrere Schüsse ertönten. Jetzt allerdings aus der Shotgun und aus der Waffe des Gegners.
„Dieser kranke Penner ist zu unvorsichtig!“ sagte MJay zu sich selber.
Ein Schuss lohnte sich aus dieser Entfernung mit dem Revolver noch nicht, also spurtete er ohne viel Deckung nach vorne, während eine Kugel direkt neben ihm einschlug. Es war knapper als es hätte sein sollen. Putin verließ den Waldrand, das musste heißen, dass er sich bereits sicher war mit wie vielen Gegnern er es zu tun hatte.
Einer war auf MJay fokussiert, die anderen hatte Putin entweder bereits ausgeschaltet, oder sie nicht gesehen. MJay setzte zwei Schüsse in Richtung des Transporters ab. Zeitgleich stürmte Putin auf den Transporter zu. Mjay erkannte, dass der Typ, der auf ihn feuerte nicht mehr in seine Richtung schaute und verließ seine Deckung. Mit auf das Ziel gerichteter Waffe feuerte er den 3 und 4 Schuss aus der Trommel ab.
noch zirka 80 Meter bis zum Transporter als er Putin schreien hörte. Kein Schrei aus Leid oder weil er getroffen wurde, es war der Schrei, den jeder Gegner fürchten sollte. Putin war in Rage.
Dieser Typ hatte gerade im Alleingang vier Typen aus dem Weg geräumt.
Als MJay am Transporter ankam, fluchte Putin auf Russisch. Irgendetwas mit ihren Mütter, verstand MJay. Er gab Putin das Zeichen still zu sein. Man hörte stöhnen aus dem inneren des Transporters. „Wir öffnen die Türe nicht! Lass sie deine Kugeln spüren!“
Putin schoss das komplette Magazin in den Laderaum des Transporters.
Es war still…
„Keine Kompromisse“ dachte sich MJay.
Die beiden öffneten die Türen des Transporters und neben einem blutüberströmten Körper und dem Geruch von Eisen war nichts zu sehen. Die Jungs waren wohl verzweifelt.
„Lass uns alles mitnehmen was einen Wert hat und dann weg hier. Wenn jemand die Schüsse gehört hat, haben wir gleich noch mehr Probleme.“
Die beiden durchsuchten die Leichen nach Wertgegenständen und nahmen deren Waffen mit.
Zurück an den Motorrädern atmeten sie erst einmal kurz tief ein, wuschen sich die Hände in einer Pfütze und setzten sich auf die Bikes.
„Hab ich was vergessen?“ fragte MJay
„Alles erledigt“ antwortete Putin.